20 April 2009

Ärzte födern Tablettensucht

Mehr als 1,5 Millionen Patienten erhielten die süchtig machenden Präparate der Gruppe der Benzodiazepine (Schlaftabletten) länger als in den Leitlinien der Mediziner vorgesehen. Die Zahl der Schlaftabletten-Süchtigen insgesamt wird auf 2,3 Millionen Deutsche geschätzt. Und die Tendenz ist stark steigend.

Wie der "Spiegel" weiter in der neuesten Ausgabe berichtet, wurden in der bisher größten Untersuchung zur Tablettensucht in Deutschland insgesamt 3,5 Millionen Kassenrezepte analysiert.

Bei knapp 800 000 Patienten pro Jahr hätten Ärzte demnach dafür gesorgt, dass diese zu Dauerkonsumenten der süchtig machenden Mittel werden. In insgesamt 130 000 Fällen hätten die Verschreibungen die Opfer zu Schwerstabhängigen gemacht, denen der Ausstieg aus der Sucht nur noch in seltensten Fällen aus eigener Kraft gelinge.

"Wir waren völlig überrascht über den Umfang des Benzodiazepin-Missbrauchs in Deutschland", erklärte Studienleiter Peter Raschke vom Hamburger Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung.


Verschärft werde die Situation zusätzlich durch das Verhalten der Ärzte, die – offenbar aus Angst vor Kontrollen – bei der Verordnung vermehrt auf Privatrezepte auswichen, die in keiner Statistik auftauchen. 1993 seien nach den Feststellungen Bremer Pharmaexperten nur rund 15 Prozent der als Schlafmittel verwendeten Benzodiazepine privat verordnet worden. Inzwischen schätzten sie den Anteil bereits auf zwei Drittel aller Verschreibungen.

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